Christian Grüner im Interview

… mit der Künstleragentur eventmarkt.de


Warum sollte ein Künstler Ihrer Meinung nach eine „Fairsicherung“ bei Ihnen abschließen?

Weil wir selbst als Künstler aktiv waren,  Künstlerbedürfnisse also kennen und entsprechend beraten können!
Vorab sollte ich aber erklären, was das überhaupt ist: Fairsicherung?!

Wir sind Versicherungs-Makler, also keine Versicherung. Wir beraten unsere Mandanten unabhängig und vertreten Ihre Interessen gegenüber den Versicherungsgesellschaften und ggf. Banken. Wir arbeiten dabei ähnlich wie ein Rechtsanwalt, der seine Mandanten einer gegnerischen Partei gegenüber vertritt.

Wir vergleichen die unterschiedlichen Angebote am Versicherungsmarkt und geben die besten Angebote an unsere Mandanten weiter.

Oder wir stricken eigene Produkte zusammen mit einem Versicherer, wenn es keine geeigneten am Versicherungsmarkt gibt, wie z.B. mit unser „Künstler-Haftpflicht“ oder der „Artisten-Unfall“.

Fairsicherungsläden gibt es in einigen Städten in Deutschland. In Hagen/NRW habe ich mich auf darstellende Künstler spezialisiert und berate bundesweit.

Wann haben Sie mit dem Versichern von Künstlern angefangen und was war der Grund für diese Entscheidung?

1999 habe ich mein Studium der VWL beendet. Finanziert hatte ich mein Studium über Kleinkunstauftritte (Akrobatik, Jonglage, Einrad, Stelzen, Kinderanimation etc.). Ich wollte in den Öko- oder Kunst-Bereich beruflich einsteigen. Über einen kurzen Umweg fand ich Anfang 2000 zu den Fairsicherungsläden, in dem ich meine Idee, Künstlern beratend zur Seite zu stehen, umsetzen konnte.

Vor allem bei der Europäischen Jonglierconvention (EJC) 2000 in Karlsruhe gab es ein für mich ungeahntes Echo: Ich hatte einen eher unscheinbaren Aushang „Workshop Berufs-Haftpflicht für Künstler“ platziert und rechnet eigentlich mit höchstens zwei oder drei Interessierten. Tatsächlich kamen 30 oder 40 …

Was droht einem Künstler, dem ein Malheur mit der Hardware oder anderes Negatives passiert genau?

… da fällt mir nur der „Uralt-Jongleur-Spruch“ ein:

„Dem Jongleur ist nichts zu schwör, doch ab und zu kommt ein Malheur!“

Und dann muss der Jongleur den Schaden, den er angerichtet hat, natürlich bezahlen.

Welche Versicherung empfehlen Sie für welche Künstler?

Ich versichere in erster Linie freie darstellende Künstler.

Neben der Krankenversicherung, die inzwischen gesetzlich vorgeschrieben ist, sollte jeder freiberuflich oder gewerblich Tätige eine Berufs-Haftpflichtversicherung für seine Tätigkeit abschließen. Damit sichert er finanziell die Schäden ab, die er anderen zufügt, egal ob Personen- oder Sachschaden.

Daneben kann zur Eigenabsicherung eine Kombination aus privater und gesetzlicher Unfallversicherung sowie einer Grundfähigkeitsversicherung / Schwere-Krankheiten-Vorsorge sinnvoll sein.

Eine echte Berufsunfähigkeitsversicherung kann ein Künstler nicht abschließen. Die Versicherer verweigern hier die Aufnahme mit fadenscheinigen Argumenten. Künstler sind aus Ihrer Sicht dann berufsunfähig, wenn sie nicht mehr kreativ sind. Letztlich wäre ich als Versicherungsmakler mit dieser Argumentation auch nicht versicherbar, denn wenn ich keine Versicherungen mehr verkaufen könnte, weil mir die Kreativität dazu fehlt, ich ja auch berufsunfähig wäre.

Alle anderen Versicherungen sind mehr oder weniger „Geschmackssache“ (z.B. Zahnzusatzversicherung) oder abhängig von der Lebenssituation (z.B. Risikolebensversicherung/Todesfallleistung bei Familiengründung oder Immobilienfinanzierung).

Auch wenn die Beiträge natürlich personen-individuell sind und auf persönliche Bedingungen berechnet werden, so interessiert es unsere Leser, mit welchen Beiträgen ein „durchschnittlicher“ Künstler in Deutschland heute zu rechnen hat – wieviel Euro muss er für Versicherungen monatlich einkalkulieren?

Die normale Berufs-Haftpflicht inkl. Privat-Haftpflicht kostet für „normale“ Künstler rund 15 Euro/Monat bzw. knapp 170 Euro/Jahr. Für manche Künstler brauchen wir moderate Zuschläge, z.B. für Zirkuspädagogen, Pyrotechniker, Zeltbesitzer etc.

Hier hilft, wie auch in der Gruppenversicherung, nur eine individuelle Kalkulation.

Daneben muss jeder über die Künstlersozialkasse (KSK) Versicherte knapp 20 % seines angegebenen Bruttoeinkommens als Sozialversicherungsbeitrag (Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung) abführen.

Alle anderen Versicherungen müssen individuell kalkuliert werden und hängen von vielen Faktoren ab, wie Eintrittsalter, Laufzeit, Versicherungsleistungen etc.

Welche Künstler müssen sich besonders absichern?

Jeder freie Künstler sollte sich absichern!

Selbst ein „ganz normaler“ Comedian oder Schauspieler, der nur auf der Bühne steht und quatscht, könnte eine Monitorbox umschmeissen, die ins Publikum fällt.

Besonders viele Schadenfälle haben wir zurzeit mit Künstlern, die Feuer in ihren Shows einsetzen.

Was war das Skurrilste, das Ihnen in der Laufbahn in der Unterhaltungsbranche je passiert ist?

Das Skurrilste??  Kann ich gar nicht sagen: Vielleicht, dass ich als Versicherungsmakler tätig bin … die ganze Versicherungsbranche an sich ist skurril (aber eben auch notwendig) … oder um mit Woody Allen zu sprechen:
„Haben Sie schon mal einen Abend mit einem Versicherungsvertreter verbracht?“

Ansonsten hatten wir vor Jahren mal einen Schaden auf einem Dreimaster Segelschiff. Eine Artistengruppe spielte darauf ihre Show und versenkte dabei aus Versehen die Kamera des NDR-Fernsehteams in der Ostsee.

Ist die Tendenz der Anzahl der Versicherten eher steigend oder fallend?

Die Tendenz ist eher steigend. Zunehmend werden die Menschen sich ihrer Verantwortung anderen gegenüber bewusst und sichern sich zumindest in den elementaren Dingen ab.

Eine andere Tendenz ist, dass zunehmend Künstler ihre Absicherung nicht mehr bezahlen können. Zum Beispiel stieg der Beitrag für Künstler in der Berufsgenossenschaft (gesetzliche Unfallversicherung) in den letzten Jahren um einige 100 %!!! Ich hatte viele Anfragen nach Alternativen, die es aber nicht gibt.

Wen würden Sie besonders gern versichern und warum?

Charly Chaplin: Er war ein begnadeter Artist und Künstler. Daneben engagierte er sich politisch. Er passt also genau in mein Beratungsschema.

Mit ihm hätte ich gerne einen Espresso getrunken und ihm dabei erzählt, was versicherungsmäßig notwendig ist und was er sich getrost schenken kann …


Das Interview erschien im August 2011 unter
http://www.eventmarkt.de/blog/kuenstlerversicherungen/